Private Krankenversicherung muss für 24-Stunden-Intensivpflege voll einstehen
Eine sog. Intensivversorgung mit Krankenbeobachtung rund um die Uhr aus vitaler Indikation muss durch die privaten Krankenversicherungen voll finanziert werden. Es handelt sich um eine vertragliche Leistungspflicht und nicht etwa um eine Kulanzleistung. Dies hat das OLG Hamm bereits mit Beschluss vom 12.10.2011 (Az.: I 20 W 29/11) entschieden. Seither halten sich die meisten privaten Krankenversicherungen daran, spätestens bei gerichtlicher Geltendmachung.
Zwei Gegenargumente werden von den privaten Krankenversicherungsunternehmen häufig angeführt:
- Bei der Krankenbeobachtung handle es sich nicht um eine Heilbehandlung im Sinne der Versicherungsvorschriften.
- Die Leistung werden durch nichtärztliches Personal erbracht, was nicht vom Versicherungsschutz umfasst sei.
Beide Argumente treffen nicht zu. Das OLG Hamm und andere Zivilgerichte gehen einhellig davon aus, dass eine Heilbehandlung auch dann vorliegt, wenn zur Verhinderung der Verschlimmerung einer Krankheit eine Überwachung zur Erhaltung der Vitalfunktionen rund um die Uhr erforderlich ist.
Die Heilbehandlung kann auch nicht über die Ausgrenzung eines qualifizierten nichtärztlichen Leistungserbringers (Pflegedienst) ausgeschlossen werden. Eine Formularklausel in einem Krankheitskostenversicherungsvertrag, die nicht ärztliche Leistungen, die zur Erhaltung der Vitalfunktionen des Versicherungsnehmers erforderlich sind, ausgrenzt, gefährdet nach der zivilgerichtlichen Rechtsprechung den Vertragszweck im Sinne des § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB.
Fazit: Seit diesem Urteil des OLG Hamm erkennen die PKVen ihre Kostenübernahmepflicht für Behandlungssicherungspflege in der Regel über 24 Stunden an. Klauseln zur Beschränkung der Erstattungspflicht (ambulante Behandlungspflege) sind unwirksam.
Anders als bei der Gesetzlichen Krankenversicherung umfasst der Anspruch der Versicherten bei der PKV übrigens auch die Frage der Vergütung (Höhe des Stundensatzes), da es sich um eine Kostenerstattung handelt. Eine Übermaßvergütung ist erst dann anzunehmen, wenn sie um 100 % den Marktpreis überschreitet. Eine nur geringfügige Überschreitung des Marktpreises in Höhe von ca. 1/3 stellt kein auffälliges Missverhältnis der Vergütung dar. Für die Tatsache der Übermaßvergütung ist die PKV darlegungs- und beweispflichtig.
Anders als in der Gesetzlichen Versicherung wird der Anspruch auch nicht dadurch geschmälert, dass daneben ggf. weitergehende Ansprüche auf Pflegeleistungen aus der Privaten Pflegeversicherung oder auf Eingliederungshilfe bestehen. Denn der durch Prämien bezahlte Leistungsanspruch in der privaten Krankenversicherung kann nicht dadurch geschmälert werden, dass daneben noch eine ebenfalls durch Prämienen bezahlte Pflegeversicherung oder ein gesetzliche Anspruch auf Eingliederungshilfe besteht. Diese Leistungen haben einen gänzlich anderen Inhalt. Diese Leistungen werden also zusätzlich zur Erstattung der Kosten für Behandlungssicherungspflege durch die PKV geschuldet.