Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG)
Mit dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz werden die vertragsrechtlichen Vorschriften des Heimgesetzes abgelöst und weiter entwickelt. Für die Anwendbarkeit des Gesetzes kommt es nicht mehr auf die die Einrichtungsform an, maßgeblich sind ausschließlich die vertraglichen Vereinbarungen.
Das Gesetz gilt für Verträge, die die Überlassung von Wohnraum mit Pflege- oder Betreuungsleistungen verbinden. Ausgenommen sind Verträge, bei denen neben dem Wohnraum allgemeine Betreuungsleistungen wie die Vermittlung von Pflegeleistungen, Notruf- oder hauswirtschaftliche Versorgungsdienste angeboten werden.
Das Gesetz ist zum 1. Oktober 2009 in Kraft getreten. Eine Übergangsvorschrift stellt sicher, dass die Neuregelung erst ab dem 01.05.2010 Anwendung auf Verträge findet, die nach dem bisherigen Heimrecht abgeschlossen wurden. Für andere Altverträge wie zum Beispiel Miet- und Dienstverträge im Bereich des Betreuten Wohnens gilt das Gesetz auch zukünftig nicht.
Zum Verständnis: Bis jetzt gab es das (Bundes-)Heimgesetz, das für alle stationären Einrichtungen bzw. Heimeinrichtungen galt.
In Zukunft gibt es 2 Gesetze:
•ein Landes-Gesetz für das Ordnungsrecht (in Berlin noch nicht erlassen)
•ein Bundes-Gesetz für die vertragsrechtlichen Regelungen = Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz(gilt ab 01.10.2009)
Die Aufspaltung wurde aufgrund der Föderalismusreform notwendig. Der ordnungsrechtliche Teil des früheren Bundesheimgesetzes wurde in die Kompetenz der Länder gewiesen. Der vertragliche Teil blieb jedoch in der Verantwortung des Bundesgesetzgebers. Dieser hat daher das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz verabschiedet, das bereits am 01.10.2009 in Kraft getreten ist. Dieses Gesetz gilt nunmehr für alle Einrichtungsformen, wenn die Überlassung von Wohnraum mit der Erbringung von Pflegeleistungen und Betreuungsleistungen verbunden ist. Entsprechend dem Namen des Gesetzes heißt der entsprechende Vertrag nun nicht mehr zwingend „Heimvertrag“, sondern kann „Vertrag über Wohnraum mit Pflege- oder Betreuungsleistungen“ bezeichnet werden.
Das Gesetz ist auf alle Verträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher anzuwenden. Die Begriffe „Unternehmer“ und „Verbraucher“ verdeutlichen dabei die Zielrichtung des Gesetzes, das ältere Menschen sowie pflegebedürftige oder behinderte Volljährige bei Abschluss und Durchführung von Verträgen schützen und dadurch eine möglichst selbstständige und selbstbestimmte Lebensführung unterstützen will. Es ist dabei nicht erforderlich, dass die Pflege- oder Betreuungsleistungen nach den vertraglichen Vereinbarungen zur Verfügung gestellt oder vorgehalten werden. Diese müssen vom Verbraucher nicht sofort in Anspruch genommen werden, der Unternehmer hat jedoch für den Fall, dass der Verbraucher diese Leistungen irgendwann einmal benötigt, vorzuhalten.
Nicht vom Anwendungsbereich umfasst ist das betreute Wohnen, sofern neben dem Mietvertrag lediglich die Erbringung von allgemeinen Betreuungsleistungen (Notrufdienste und Vermittlung von Pflegeleistungen) vereinbart werden. Nicht mehr erforderlich ist insoweit für Einrichtungen des betreuten Wohnens, dass das Entgelt für die allgemeinen Betreuungsleistungen nur bis zu 20 % des Gesamtentgelts ausmacht.
Vorvertragliche Informationspflichten gemäß § 3 WBVG
Gemäß § 3 WBVG ist der Verbraucher rechtzeitig vor Vertragsschluss schriftlich und in „leicht verständlicher Sprache“ über das allgemeine Leistungsangebot, den wesentlichen Inhalt der Leistungen, die Entgelte und das Ergebnis von Qualitätsprüfungen zu informieren.
Zur Darstellung des allgemeinen Leistungsangebotes gehört:
– die Ausstattung und Lage des Gebäudes, in dem sich der Wohnraum befindet sowie der dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienenden Anlagen und Einrichtungen, zu denen der Verbraucher Zugang hat und ggf. ihrer Nutzungsbedingungen;
– der darin enthaltenen Leistungen nach Art, Inhalt und Umfang;
– der Ergebnisse der Qualitätsprüfungen (soweit diese zu veröffentlichen sind.).
Des Weiteren müssen die für den Verbraucher in Betracht kommenden Leistungen dargestellt werden, insbesondere
– Darstellung des Wohnraums, der Pflege oder Betreuungsleistungen (inklusive Verpflegung) sowie der einzelnen weiteren Leistungen nach Art, Inhalt und Umfang;
– Darstellung des Leistungskonzepts;
– Darstellung der Entgelte sowie der Investitionskosten und des Gesamtentgelts;
– Darstellung möglicher Leistungs- und Entgeltveränderungen;
– Hinweis auf evtl. Leistungsausschluss im Falle der Änderung des Pflege- und Betreuungsbedarfes, sofern ein solcher Ausschluss vereinbart werden soll (dieser Hinweis muss in hervorgehobener Form erfolgen).
Vertragsschluss und Vertragsdauer gemäß § 4 WBVG
Der Vertrag wird grundsätzlich auf unbestimmte Zeit geschlossen. Eine Befristung des Vertrages ist für maximal drei Monate zulässig, wenn sie nicht den Interessen des Verbrauchers widerspricht.
Wird die Befristung entgegen den Interessen des Verbrauchers vereinbart, so gilt der Vertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen, es sei denn, der Verbraucher widerspricht innerhalb von zwei Wochen nach Beendigung der Befristung. Der Verbraucher soll es also letztendlich in der Hand behalten, ob der Vertrag unbefristet abgeschlossen werden soll oder nicht.
Der Vertrag endet mit Tod des Verbrauchers. Für einen Zeitraum von zwei Wochen nach Sterbetag ist es möglich, eine Vereinbarung für Überlassung des Wohnraums gegen Fortzahlung des Entgelts zu treffen. Ersparte Aufwendungen des Unternehmers sind für diese Zeit nicht zu bezahlen. Die Regelung gilt nicht für Versicherte der Pflegeversicherung, da hier § 87 a SGB XI spezieller ist. Mit dem Tod des Versicherten hat der Einrichtungsträger keine Ansprüche auf Fortzahlung des Entgelts mehr.
Schriftform und Vertragsinhalt
Der Vertrag ist schriftlich abzuschließen. Der Unternehmer hat dem Verbraucher eine Ausfertigung auszuhändigen. Wird der Vertrag nicht schriftlich abgeschlossen, gilt das WBVG, der Vertrag bleibt zwar wirksam, kann jedoch vom Verbraucher jederzeit fristlos gekündigt werden.
Vertragsanpassung bei Änderung des Pflege- und Betreuungsbedarfs
Bei Änderung des Pflege- oder Betreuungsbedarfs wird der Unternehmer verpflichtet, eine Anpassung der Leistungen anzubieten. Diese angepassten Leistungen muss der Verbraucher nicht annehmen. Er kann sie nur teilweise annehmen. Dieser Umstand führt für den Unternehmer zu einem Kündigungsrecht gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 a WBVG.
Allerdings kann der Unternehmer seine Verpflichtung, eine Vertragsanpassung anzubieten, vertraglich ganz oder teilweise ausschließen. Dieser Ausschluss ist allerdings nur dann wirksam, wenn der Unternehmer an dem Ausschluss ein berechtigtes Interesse hat und dies in der Vereinbarung begründet (etwa Ungeeignetheit der Einrichtung). Dieser Ausschluss muss schriftlich erfolgen (nicht in elektronischer Form).
Diese Regelung ist für den Unternehmer problematisch, da er zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zumeist noch nicht absehen kann, welcher Pflege- und Betreuungsbedarf zukünftig besteht und welche Leistungen er zukünftig erbringen kann und welche nicht. Der Unternehmer bleibt ohne Ausschluss der Vertragsanpassung solange leistungspflichtig, bis sich der Verbraucher für eine Beendigung des Vertrages entscheidet. Der Verbraucher hat insoweit einen vertraglichen Anspruch auf weitere Betreuung in der Einrichtung, auch wenn sich sein Pflegeaufwand erheblich erhöht. Ist eine Betreuung aus fachlichen Gründen nicht möglich, macht sich der Einrichtungsträger unter Umständen schadensersatzpflichtig. Er muss in einem solchen Fall Pflegefachpersonal anstellen.
Ein Ausschluss der Angebotsanpassung ist nur bei erstmaligem Vertragsschluss möglich. Eine nachträgliche Vereinbarung zum Ausschluss ist unwirksam. Der Ausschlussklausel kommt demnach eine erhebliche Bedeutung zu. Einrichtungsbetreiber müssen sich also genau überlegen, welche Leistungen sie auf keinen Fall erbringen können und wollen. Schließen sie Leistungen aus, müssen sie dies detailliert begründen. Allerdings enthält der Versorgungsvertrag nach SGB XI überwiegend eine umfassende pflegerische Versorgung.
Der Unternehmer ist bei Anpassung des Vertrages verpflichtet, dem Verbraucher durch Gegenüberstellung der bisherigen und der angebotenen Leistungen sowie der dafür jeweils zu entrichtenden Entgelte schriftlich darzustellen und zu begründen.
Entgelterhöhung
Jede Entgelterhöhung ist dem Verbraucher schriftlich mitzuteilen und zu begründen. Aus der Mitteilung müssen der Zeitpunkt der Erhöhung und das Entgelt hervorgehen. In der Begründung müssen die Positionen benannt werden, aus denen sich eine Kostensteigerung ergeben hat. Eine Verpflichtung zur Zahlung des erhöhten Entgelts entsteht frühestens vier Wochen nach Zugang des hinreichend begründeten Erhöhungsverlangens. Gleichzeitig muss der Verbraucher die Gelegenheit erhalten, die Angaben des Unternehmers durch Einsichtnahme in die Kalkulationsunterlagen zu überprüfen.
Kündigung durch den Verbraucher
Gemäß § 11 Abs. 2 kann der Bewohner den Vertrag innerhalb von zwei Wochen nach Beginn des Vertragsverhältnisses jederzeit ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Wird dem Verbraucher erst nach Beginn des Vertragsverhältnisses eine Ausfertigung des Vertrages ausgehändigt, kann der Bewohner auch noch bis zum Ablauf von zwei Wochen nach der Aushändigung kündigen.
Kündigung durch den Unternehmer
Der Unternehmer darf nur aus wichtigem Grund kündigen. Neben den schon bisher geltenden Kündigungsmöglichkeiten kann der Einrichtungsträger dann den Vertrag kündigen, wenn er eine fachgerechte Pflege- oder Betreuungsleistung nicht erbringen kann, weil der Bewohner eine vom Heimträger angebotene Anpassung der Leistungen nicht annimmt oder der Heimträger eine Anpassung der Leistungen aufgrund eines Leistungsausschlusses nicht anbietet und dem Unternehmer deshalb ein Festhalten an dem Vertrag nicht zumutbar ist.
Übergangsvorschrift § 17
Das Gesetz ist am 01.10.2009 in Kraft getreten. Auf bestehende Heimverträge, die bis 30.09.2009 nach dem bisherigen Heimgesetz abgeschlossen worden sind, findet das WBVG erst ab 01.05.2010 Anwendung