Sozialhilfeträger muss bei Besuch einer Inklusionsschule Kosten für unterstützende Schulbegleiter tragen
Besucht ein Kind mit Down-Syndrom eine Regelgrundschule mit inklusiver Beschulung, sind die Kosten für die erforderliche Schulbegleitung vom Sozialhilfeträger im Rahmen der Eingliederungshilfe zu tragen, wenn keine Lehrinhalte vermittelt werden, sondern die Schulbegleitung auf unterstützende Tätigkeiten beschränkt ist. Dies hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg in Stuttgart mit Urteil vom 18.02.2015 entschieden. Der Sozialhilfeträger könne sich nicht darauf berufen, die Schulbegleitung sei bei Besuch einer Sonderschule nicht erforderlich (L 2 SO 3641/13).
Kind mit Down-Syndrom besucht Inklusionsgrundschule
Die Klägerin wechselte nach zweijährigem Besuch einer Schule für Kinder mit geistiger Behinderung auf eine Regelgrundschule. Dort wurde sie im Rahmen einer inklusiven Beschulung fünf Stunden wöchentlich von einer Kooperationslehrerin ihrer ursprünglichen Schule betreut. Nachdem es der Klägerin zunehmend schwerer fiel, den Lerninhalten zu folgen, wurde sie im Schuljahr 2012/2013 während des Unterrichts zusätzlich von qualifizierten Schulbegleiterinnen betreut.
Landkreis lehnt Kostenübernahme für Schulbegleiterinnen ab
Der beklagte Landkreis hat die Kostenübernahme dafür abgelehnt. Es gehe um den Kernbereich der pädagogischen Arbeit, weshalb das Land als Träger der Schulverwaltung in der Pflicht stehe. Der sonderpädagogische Bedarf werde durch die fünf Sonderschullehrer-Stunden nicht gedeckt. Wenn die Schule es im Rahmen eines finanziell vertretbaren Rahmens nicht ermöglichen könne, die Verhältnisse so auszugestalten, dass es dem behinderten Kind möglich sei, dem gemeinsamen Bildungsgang an der Regelschule zu folgen, müsse das Kind die Sonderschule besuchen.
Eltern monieren Ausschluss geistig behinderter Kinder vom integrativen Unterricht
Nach Auffassung der ihre Tochter vor Gericht vertretenden Eltern der Klägerin würde die vom Landkreis vertretene Auffassung dazu führen, dass bei geistig behinderten Kindern bei einer integrativen Beschulung für die Eingliederungshilfe kein Anwendungsbereich mehr bleibe, so dass geistig behinderte Kinder vom integrativen Unterricht grundsätzlich ausgeschlossen wären. Das Sozialgericht verurteilte den Landkreis zur Leistung. Dagegen legte dieser Berufung ein.
LSG: Sozialhilfeträger muss Entscheidungen der Schulverwaltung und Wahlrecht der Eltern beachten
Die Berufung hatte keinen Erfolg. Das LSG hat die Entscheidung des SG bestätigt. Es betont, dass der Sozialhilfeträger an die Entscheidungen der Schulverwaltung über die Erfüllung der Schulpflicht eines behinderten Kindes in einer Schule beziehungsweise über eine bestimmte Schulart gebunden sei und das Wahlrecht der Eltern beachten müsse. Deshalb sei er mit dem Einwand ausgeschlossen, dass eine bei Besuch einer Regelschule erforderliche Schulbegleitung bei Besuch einer Sonder-/Förderschule entbehrlich sei.
Landkreis mangels Wahrnehmung sonderpädagogischer Aufgaben in der Pflicht
Den Kernbereich der Schule sah das LSG durch die für die Klägerin erforderlichen Hilfen nicht als betroffen an. Deshalb sei der Landkreis als für die Gewährung von Eingliederungshilfe zuständiger Träger leistungspflichtig. Die Schulbegleiterinnen hätten gerade keine Lehrinhalte vermittelt, sondern lediglich unterrichtsbegleitende unterstützende Leistungen erbracht, so eine Fokussierung der Aufmerksamkeit auf das Unterrichtsgeschehen, die Verdeutlichung von Aufgabenstellungen, Unterstützung bei der Auswahl der richtigen Bücher und Hefte und kommunikative Hilfestellungen. Damit hätten sie keine sonderpädagogischen Aufgaben wahrgenommen.