LSG Berlin-Brandenburg rügt Bezirksamt Mitte von Berlin wegen Diskriminierung
Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat in einer Entscheidung vom 21.09.2016 (L 15 SO 183/16 B ER) das Bezirksamt Mitte von Berlin wegen Diskriminierung russisch-sprachiger, auf Sozialhilfe angewiesener Bürger gerügt.
Konkret ging es um eine 93-jährige Frau, die aufgrund von erheblicher Gesundheitsstörungen einen umfassenden Pflege- und Hilfebedarf aufwies. Trotz eines Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK), das der Frau einen umfassenden Pflegebedarf attestierte, stellte eine Mitarbeiterin des Bezirksamtes einen wesentlich geringeren Pflegebedarf fest und kürzte die Leistungen in sehr erheblichem Umfang. Das Landessozialgericht verpflichtete das Bezirksamt daraufhin zur Gewährung der benötigten Hilfe wie vom MDK festgestellt und rügte das Bezirksamt Mitte mit deutlichen Worten wegen seiner (nach unserer Auffassung) diskriminierenden Vorgehensweise. Wörtlich wird ausgeführt:
„(…) Der Antragsgegner ist nach Beobachtung des Senats, bedingt durch Unregelmäßigkeiten bei einigen „schwarzen Schafen“ unter den Pflegediensten, geneigt, dann Zweifel an der Pflegebedürftigkeit oder dem Ausmaß der Pflegebedürftigkeit zu äußern, wenn ein „russischer“ Pflegedienst, also einer der von russischen oder ehemals russischen Bürgern geführt wird, die Pflege übernimmt und zusätzlich Angehörige des zu Pflegenden selbst bei einem Pflegedienst – nicht notwendig dem den Angehörigen pflegenden – beschäftigt ist, wie es auch vorliegend der Fall ist. Auch wenn der Senat selbstverständlich die Notwendigkeit erkennt, berechtigten Zweifeln nachzugehen, so muss das Vorgehen dabei gewährleisten, dass die Pflegeleistungen nur dann entzogen oder reduziert werden, wenn eindeutig ist, dass sie nicht notwendig sind. Dies ist durch sorgfältige Ermittlungen, wie ausgeführt ggfs. durch Zuziehung eines ärztlichen Gutachters, zu verifizieren. (…)“
Der Beschluss ist rechtskräftig.